Die Welt retten und anderer Scheiss

Die Welt zu retten, ist ein Unterfangen, das ich erstmals vor etwa achttausend Jahren versucht habe. Ich bin damals kläglich gescheitert, als ich den Leuten ausreden wollte, sich sesshaft zu machen. Danach ist es, ihr wisst es, dumm gelaufen.

Sie haben sich sesshaft gemacht. Fanden das eine ganz und gar fantastische Idee, kurz, es wurde Mode und jeder wollte das.

Sie hatten kaum ihr erstes Häuschen und den Gartenzaun darum gebaut, als ich sie davon abhalten wollte, Waffen zu bauen, um dieses zu verteidigen. Tatsache ist, dass Waffen damals schon einigermassen verbreitet waren, aber sie kamen so selten zum Einsatz, dass sie meist in den Winterhöhlen verrotteten oder auf der Wanderschaft verloren gingen.

Man hörte nicht auf mich. Es ist ihnen nicht zu verdenken. Wer einmal einen ganzen Samstag lang den Gartenzaun gekalkt hat, weiss, wovon ich spreche. Das sollte nicht vergebens sein.

Also bauten sie neue Waffen. Und es kam natürlich, wie es kommen musste: Man brauchte sie nicht zur Verteidigung, sondern um sich das Stück Garten des Nachbarn zu erobern.

Nun lasse ich das hier mit dem Geschichtsunterricht, denn ihr wisst ja, wie es weitergeht.

 

In den letzten paar Tausend Jahren bin ich nicht gerade zum Freund der Menschheit geworden. Wie auch? Ihr macht einfach alles falsch, was man falsch machen kann.

Es fängt beim billigen Cointreau bei der Crêpes Suzette an und hört bei der Atombombe und Netflix auf.

Nun ja, wie dem auch sei. Ich war, ihr werdet es sicher bemerkt haben, eine Weile weg. Habe andere Systeme besucht, näher am Zentrum der Galaxie, und mich dort eine Weile herumgetrieben. War auch eine Enttäuschung. Es gibt einfach zu viele Arschlöcher im Universum. Das muss einmal gesagt sein!

 

Also, worauf ich hinaus will, ist Folgendes: Ich möchte noch einen letzten Versuch wagen, die Menschheit zu retten. Danach, sollte das nichts nützen, werde ich mich in ein kleines nettes Restaurant am Ende des Universums dislozieren, wo ich auf Lebenszeit einen Tisch reserviert habe.

Wie ich das angehen will mit dem Weltretten, fragt ihr euch nun sicher. Nun, vermaledeit und zugenäht, ich weiss es nicht! Mein anderer Ichseiender Simon Meyer, ein Geschöpf von meist recht anstrengendem Wesen, aber mit einer entzückenden Ansammlung von naiven Weltvorstellungen und kindlicher Fantasie gesegnet, hatte eine Idee: Wie wäre es, wenn wir die Geschichte der Welt einfach umschreiben und uns Mühe geben, uns nur noch an die zu erinnern? Fantastisch nicht wahr?

Aber leider hat der Plan Lücken. Das, was in der Welt geschehen ist, lässt sich nicht einfach vergessen. Geliebte Familienmitglieder und Freunde fehlen. Wie kann das erklärt werden? Die Weiden sind auf Massengräber angelegt und die Luft riecht nach Dummheit und CO2.

Er meint, dass es einfach etwas Anstrengung braucht. Dummkopf! Hat er vergessen, dass der Mensch fast alles, was er je getan hat, tat, um weniger tun zu müssen? Ja, ich gebe ihm recht – mit Ausnahme des meisterlichen Handwerks und der wahren Kunst. Aber echt jetzt, wer will sich das antun?

Fehler Nummer zwei ist, dass ihr euch über den ganzen Planeten ausgebreitet habt, ihr seid euch fremd geworden. Was kümmert es einen in New York, der Angst hat, dass er keinen Parkplatz findet, ob im Pazifik ein paar Eingeborene absaufen, weil ihre Insel überflutet wird?

Wenn’s gut kommt, spendet er einige Dollars für «Rettet die Wale» oder wählt eine Demokratin mit indisch-jamaikanischer Herkunft zur Vizepräsidentin, kauft Biogemüse und damit hat es sich. Und der Aborigine in Australien? Kümmern ihn die toten Kinder der Indigenen Kanadas? Was sollte er auch tun, er hat ja seine eigenen Probleme. Und sich dann noch an eine andere Geschichte erinnern, wenn ihn oder sie die eigene quält?

Fehler Nummer drei: Mein Freund hat ein Manko, das ihn einfach disqualifiziert. Er ist ein Schweizer. Mann! Was weiss der schon vom Leben? Wenn einer Zeit hat, sich solchen Unsinn auszudenken, dann geht es ihm zu gut! Okay, ich will ihm zugestehen, dass er mindestens eine schwierige Kindheit hatte. Aber wer hatte das nicht? Was weiss er schon vom Leben in einem Diktatorenstaat oder der Entreissung seiner Kinder durch Kirchenleute und Regierung? Utopien entstehen bei Leuten, die Zeit haben. Bei Privilegierten. Und auch wenn er nicht gerade reich ist, so ist es doch immerhin so, dass er von seiner Arbeit leben kann.

Die Geschichte umschreiben. Pah! Er hat extra ein Volk erfunden, das sozusagen als Vorbild dienen sollte. Aber funktionieren kann das nicht. Sein Volk sind Fahrende. Gut, er hat dazu noch die Nienetwiler erfunden. Jedenfalls teilweise, denn die Definition der Utopie überliess er dann doch einem Philosophen. Ihr müsst euch diesen Krimskrams über die Nienetwiler mal reinziehen. Echt, es lohnt sich! Aber brauchbar? Nein, brauchbar ist das alles nicht.

Aber verdammt, ehrlich gesagt ist es einfach so, dass mir selber die Ideen ausgegangen sind. Was soll ich also machen? Wenn ich die Welt noch retten will, dann muss es jetzt sein, und eine andere Idee als die von den Nienetwilern sehe ich nicht. Also: Lest das Zeug. Ich weiss, es kommt manchmal etwas trocken daher, aber es ist nicht schlecht. Vielleicht habt ihr ein paar gute Ideen, die ihr ihm weitergeben könnt. Macht was drauf und erinnert euch halt einfach an die neue Vergangenheit. Kann ja nicht so schwer sein!

Okay?

Gut. Ich komm nächste Woche mal vorbei und schau, wie es so läuft.