Dinge, die aus der Mode kommen

Es gibt solches, das aus der Mode kommt, solches, das Jahrhunderte und Jahrtausende voll hipp ist, und solches, das kommt und geht. Eine sehr, sehr kurze Zusammenfassung:

Aus der Mode gekommen:

  • Auf der Strasse grüssen
  • Socken, die man mehr als zehn Mal waschen kann
  • Frauen die Tür aufhalten
  • Rädern und Vierteilen
  • Die Brünne
  • Telefonzellen
  • Der Kommunismus
  • Menschenopfer
  • Der Kassettenrekorder
  • Elektronik, die einfach so funktioniert

Nie aus der Mode gekommen:

  • Das Töten von Menschen
  • Die Leckmuschel
  • Männer, die alles viel viel besser wissen
  • Frauen, die nicht zuhören, wenn man ihnen etwas erklärt
  • Klischees
  • Unverständliche Gebrauchsanweisungen
  • Gravitation
  • Hörnliauflauf
  • Diktatoren
  • Der Kapitalismus
  • Kitsch

Kommen und gehen:

  • Hosen mit Schlag
  • Friede
  • Rollschuhe
  • Der Wolf
  • Sit-in
  • Dass man Priestern Glauben schenkt
  • Dass man Priester in grossen Pfannen kocht

Nehmen wir uns eines dieser Dinge, die aus der Mode gekommen sind, vor: den Kommunismus.

Der Kommunismus war, solange er noch in den Köpfen seiner Erfinder steckte, eine feine Sache. Als er dort raus war, erlebte er, trotz vorprogrammierten Niedergangs, einen unglaublichen Boom. Ganze Grossreiche wurden erschaffen und das Volk unter der roten Fahne geeint. Hammer und Sichel, die Symbole für die Arbeiter und Bauern, zierten das rote Tuch, das die Kapitalisten zur Weissglut brachte.

Damit dieses kommunistische Volk glücklich werden konnte, wurde es meist erst einmal abgeschlachtet, dem Hungertod feilgeboten und eingekerkert. Danach wurde ihm der Mund verboten, die Pressefreiheit und die freie Rede eingeschränkt und Umerziehungslager gebaut, in denen man die vielen dummen Leute, die nicht begreifen wollten, wie gut der Kommunismus ist, eines Besseren belehrt werden konnten. Dann kam das Ende. Erst wollte der Russe nicht mehr. Die Meinungen gehen auseinander, aber wahrscheinlich lag es vor allem am Mangel. Insbesondere dem von Wodka. Dann brachen einige kleinere und grössere afrikanische und südamerikanische Länder mit der roten Fahne, und insbesondere als der grosse Fidel starb, starb mit ihm auch die letzte (vergebliche) Hoffnung. Und dann ist da China. China schaffte den Kommunismus nie offiziell ab. Die Chinesen behielten die Mittel der Repression und des Terrors, wie sie schon der gute alte Mao für recht und billig hielt, führten aber so ganz nebenbei den Kapitalismus ein.

Es ist einfach aus der Mode, dass Dinge allen und nicht dem Individuum gehören sollten. Die heutige Zeit lebt vom Ich, Mich, Mir, Mein. Das Wir, Uns, Zusammen wird lediglich noch in kapitalistischen Einrichtungen verwendet, die das Individuum unter Vorgaukelung eines «gemeinsamen Weges unter Beibehaltung der Individualität» zu mehr Produktivität anspornen wollen.

Unter den Dingen, die nicht aus der Mode gekommen sind, auch wenn seit zweihundert Jahren ohne Unterlass an dessen Stuhlbein gesägt wird, ist der Kapitalismus. Grosser Gegenspieler des Kommunismus und dank seiner Fokussierung auf den Egoismus letztlich Sieger in dem Zweikampf. Der Kapitalismus hat die Menschen nicht im Namen des Fortschritts abgeschlachtet, sondern indirekter über die Wege des Krieges gegen Andersdenkende, für Öl oder für die sogenannt «freie Welt». Gerne wurde auch auf Industriekatastrophen wie Seveso, Exxon Valdez, Tschernobyl oder ganz allgemein die Ausbeutung von Asien, Afrika oder Südamerika gesetzt.

Der Kapitalismus hat auch ein Symbol. Es ist der Dollar, die amerikanische Währung. Das passt, denn Amerika ist das Vorzeigemaskottchen des Kapitalismus. Ohne Amerika gäbe es keinen Kapitalismus. Das wäre schade, denn dann müssten wir in einer gerechten Welt herumstolpern. Ganz ohne sinnlos produzierte Einmaltragen-Hemden und -Blusen und ohne eine Industrie, die teilweise Dinge produziert, die einzig und allein dem Zweck dienen, gleich nach der Produktion wieder zerstört zu werden.

Wir hätten alle weniger. Das wäre scheisse, denn was sollten wir dann mit den leeren Billy-Regalen anfangen? Wir wären ärmer, das heisst wir hätten weniger in der Brieftasche. Blöd wäre das, denn die Dinge, die wir dann kaufen müssten, müssten viel länger halten, und es müssten Dinge sein, die man, OMG, tatsächlich braucht!

Fast die Hälfte aller Transportunternehmen müsste dicht machen, denn es würden keine Päckchen mit Rückgabesendungen mehr transportiert. Die Kartonindustrie für all die Päckchen würde ebenfalls zusammenbrechen. Wohin mit den Arbeitslosen?

Man weiss es nicht. Man weiss nur, dass es nicht drauf ankommt, da die Menschen so oder so immer älter werden, die Industrie digitalisiert und roboterisiert wird und diese Menschen sowieso nicht mehr braucht, und man dann eigentlich keine Alternative hat.

Blöd gelaufen!

Wie ihr seht, gibt es solches, das aus der Mode kommt, das wichtiger ist, und solches, das nicht so wichtig ist. Dass die Schlaghose wiederkommt, zum Beispiel, das, ja, das sollte uns wirklich zu denken geben!