Mach kaputt was dich kaputt macht

Es ist allzu leicht und allzu schwer, in die Welt zu blicken und nur Schrecken zu finden.

Allzu leicht, weil sie voll ist davon. Von Kriegen, Zerstörungen, Morden, Vergewaltigungen, Verstümmelungen, Folter, Ausbeutung, Versklavung und anderem Unrecht. Zerstörung der Natur, unseres Lebensraums, den wir mit Pflanzen und Tieren teilen sollten, anstatt alles kaputt zu machen.

Allzu schwer, weil wir nicht mehr hinschauen können, ohne dass uns ein Grauen erfasst, das wir nicht ertragen können. Das Grauen, vor einer Situation zu stehen, die zu ändern, wiedergutzumachen wir für unmöglich erachten, so gross ist der Schutthaufen, sind die Ruinen, die wir hinterlassen.

Derweil wir kaum noch die Nachrichten sehen mögen, da wieder und wieder Tote gezeigt werden, Vernichtung von Welt und Leben, scheffeln die Reichen weiter Geld und Gold, bereichern sich an alledem, leben in Luxus und lassen den Rest verrecken.

MACHT KAPUTT, WAS EUCH KAPUTT MACHT!

1970 schrieb Norbert Krause (Musik Rio Reiser) von «Ton Steine Scherben» folgenden Song:

Radios laufen, Platten laufen,
Filme laufen, TV’s laufen,
Reisen kaufen, Autos kaufen,
Häuser kaufen, Möbel kaufen.
Wofür?

Refrain:
Macht kaputt, was euch kaputt macht!
Macht kaputt, was euch kaputt macht!

Züge rollen, Dollars rollen,
Maschinen laufen, Menschen schuften,
Fabriken bauen, Maschinen bauen,
Motoren bauen, Kanonen bauen.
Für wen?

Refrain:
Macht kaputt, was euch kaputt macht!
Macht kaputt, was euch kaputt macht!

Bomber fliegen, Panzer rollen,
Polizisten schlagen, Soldaten fallen,
Die Chefs schützen, die Aktien schützen,
Das Recht schützen, den Staat schützen.
Vor uns!

Refrain:
Macht kaputt, was euch kaputt macht!
Macht kaputt, was euch kaputt macht!


Ja, macht kaputt, was euch kaputt macht!

Aber wie? Sollen wir denn hingehen und sie an Laternen hängen, sie meucheln und ihre Villen in Schutt und Asche legen? Wäre das nicht schön? Nicht befreiend? Nicht verstörend einfach?

Würde es denn nützen? Irgendetwas besser machen? Würden diese Leichen nicht stinken und die brennenden Limousinen nicht die Luft verpesten? Was würden sie denn machen, die befreiten Sklaven, die an den Zitzen dieser Säue nuckeln? Würden sie sich nicht gerne selbst als die Reichen, die Ausbeuter sehen?

Was also dann? Sollen wir uns an Strassen kleben und Bilder mit Matsch bewerfen? Pelzmäntel besprayen und Protzkarren zerkratzen? Wäre das denn genug? Würde es reichen? Hat es denn bisher gereicht?

Sollen wir Politik machen und diskutieren mit dem Feind? Ihm Zugeständnisse machen und die Lüge, die er Realpolitik nennt, schlucken? Warten, bis die politischen Vertreter des Kapitals und der Ausbeutung der Welt Einsicht zeigen? Taten sie das denn je?

Sollen wir nicht mehr bestellen? Auf unseren Konsum verzichten, den Markt vernichten? Uns verweigern?

WIE DAS, WO DOCH ALLE SCHAFE SIND! LÄMMER, DIE VOR GLÜCK BLÖCKEND, FILME STREAMEND UND EINMALKLAMOTTEN TRAGEND, ZUR SCHLACHTBANK RENNEN?

MACH KAPUTT, WAS DICH KAPUTT MACHT!

MACH KAPUTT, WAS DICH KAPUTT MACHT!

Ach, Träume von Revolution! Aufstand! Aufschrei! Tausende auf den Strassen, brennende Wagen, blutende Polizisten und Tränengas! 1968, 1972, 1980. Was hat es gebracht? Wo sind sie heute, die Revoluzzer? Die Flaschen mit Benzin sind längst vertrocknet und aus den Pflastersteinen hat man hübsche kleine Trockenmauern um das Gärtchen gebaut. Verrostet liegen die Spraydosen in den Kellern neben den verrotteten «Atomkraft – Nein Danke!»-Plakaten. Nur, die Reichen sind noch immer in ihren Villen, trinken noch immer ihren Champagner und scheissen noch immer auf die Welt. Sie haben nie etwas besser gemacht. Sie haben nie ein Versprechen gehalten. Sie sind einfach reicher und reicher geworden. Mit Topsalären, die unter ihresgleichen gerne gereicht werden. Beraterhonorare und Aktiendividenden. Börsengeschäfte. Und noch mehr Sklaven. Noch mehr Ausbeutung. Noch mehr Lügen. Noch weniger Verantwortung.

MACH KAPUTT, WAS DICH KAPUTT MACHT!

MACH KAPUTT, WAS DICH KAPUTT MACHT!

Aber wie? Sollen wir die Hoffnung auf die Jugend legen? Auf diese jungen Schultern packen, was wir nicht zu tragen vermögen? Ist das gerecht? Ist das richtig? Sollten nicht wir, die wir so versagt haben, uns noch einmal aufraffen?

«Mord rufen und des Krieges Hund› entfesseln?» Rache nehmen an den Tyrannen und Mordgesellen, und was dann?

«Befreiung! Freiheit! Die Tyrannei ist tot!
Lauft fort! Verkündigt! Ruft es durch die Gassen!»

Nein. NEIN! So kann es nicht sein! Ist der Mensch denn nicht mehr als das? Gibt es keine Helden mehr? Kein Recht? Gerechtigkeit für die Guten? Doch wer sind diese – die Guten? Gibt es sie überhaupt? Oder sind gar alles Egoisten? Jeder für sich und seinesgleichen zusammengrabschend, was aus den Billigklamottenkörben zu hamstern ist?

Wäre das nicht grauenerregend? Hoffnungslos? Würde dann je etwas besser werden?

Nein, würde es nicht. Wir werden tiefer und tiefer in die selbst erwählte Versklavung sinken und uns vormachen, dass wir noch immer kämpfen. Lügengespinste, die Licht in die Hoffnungslosigkeit bringen sollen.

Der Mensch ist verloren. Er hat versagt. Der Mensch ist kaputt. Hat sich selbst kaputt gemacht.

MACH KAPUTT, WAS DICH KAPUTT MACHT!

MACH KAPUTT, WAS DICH KAPUTT MACHT!

Dumm gelaufen, das …