Das kleine Ehebuch

15.12.2018

Am 6. Januar 2018 fand ich beim Entkernen des Dachstockes ein kleines Büchlein namens «Das kleine Ehebuch in Fragen und Antworten». Geschrieben hat es ein Josef Hüssler im Jahr 1944. Die kirchliche Druckerlaubnis (!) erteilte das Bischöfliche Ordinariat Chur am 24. Mai 1944, und zeichnet als Druck der Buchdruckerei «Das Aufgebot» Buochs.

Zitat Seite 50/51:

«Was ist ,,freie» Liebe?

Damit bezeichnet man ein eheloses Verhältnis zwischen Mann und Frau, das ihnen den Genuß ihres Trieblebens bringen soll. Sie schalten bewußt und vorsätzlich den ersten Zweck des von Gott gegebenen Triebes der Liebe aus, das Kind. Ihr Streben geht nach einem Höchstmaß sinnlicher Lust und nach einer möglichst sichern Verhinderung neuen Lebens. Solche Leute betrachten die Mittel zur Verhütung neuen Lebens als eine hohe Errungenschaft unserer Zeit! Eine solche Einstel­lung bringt die Menschen auf eine niedrigere Stufe als das Tier. Es ist ein Mißbrauch des eigenen Le­bens und ein Verbrechen am Staat, an der Mensch­heit. »»

Zeiten ändern sich. Manchmal. Manches bleibt gleich. Allzu oft. Vor Kurzem sah ich eine Dokumentation über die Ultrarechten, die neuerdings in Europa und den USA oder etwa Brasilien, Indien, Israel usw. an die Macht drängen. Und was musste ich da hören? Dass offenbar jeder von denen das Ehebuch nicht nur zu Hause hat, sondern auch ganz und gar ernst meint und umzusetzen gedenkt.

Ich scheue mich natürlich nicht, solches Geschreibe, ob vom vorigen oder diesem Jahrhundert, als gefährlichen Nonsens zu betiteln. Die Diskriminierung Andersdenkender, von Menschen mit anderen Lebensplänen oder anderem oder gar keinem Glauben hat Hochkonjunktur. Es ist an uns, mit aller Vehemenz dagegen anzugehen.

«Was ist freie Liebe?

Damit bezeichnet man eine Beziehung zwischen zwei oder mehr Menschen, die sich  in ihrer sexuellen Ausgestaltung nicht durch religiöse oder gesellschaftliche Normen binden lassen wollen. Sie lieben sich um der Liebe willen mit allen Rechten und Pflichten, die ein respektvolles Miteinander vorsieht. Sie streben nach einem Höchstmass an sinnlicher Lust. Solche Leute betrachten die Mittel der Verhütung als sehr nützlich und als eine grosse Errungenschaft unserer Zeit! Eine solche Einstellung bringt die Menschheit auf eine neue gesellschaftliche Stufe, denn sie fördert die Freiheit des Geistes und des Körpers, wirft die Ketten der religiösen Knechtschaft und gesellschaftlichen, überkommenen Moral ab, und schafft so einen besseren Staat und eine bessere Menschheit!»

 

Das Büchlein habe ich gescannt und hier ins Netz gestellt: Das kleine Ehebuch

© Simon Meyer, 2018