Kommunikation ist eine sehr komplizierte Angelegenheit. Wirklich sehr kompliziert.
Wenn das Gegenüber nicht dieselbe Sprache spricht, ist es noch schwieriger, und wenn es dazu aus einem gänzlich anderen Kulturkreis stammt, können auch schon mal Tränen fliessen.
Aber all das ist Pipifatz gegen den Versuch der Kommunikation mit extraterrestrischen Lebensformen. Ich sage das nicht einfach so dahin.
Aber von Anfang an.
Kegel IV – mit richtigem Namen Kyglozya, ist ein wirklich unglaublich langweiliger Planet im System Alpha Centauri. Aufgrund mehrerer SF-Serien und Filme der Sechziger- und Siebzigerjahre glauben die meisten, dass es da von sexy blauen Frauen mit ultraengen Bikinis nur so wimmelt. Pustekuchen! Kyglozya ist der vierte Planet der αCentauri und befindet sich 165’235’971 km, also 1.10453424388 astronomische Einheiten, von αC entfernt. Bedenkt man die Grösse von αC, ist schnell klar, dass es auf Kegel IV recht warm sein muss. Ist es auch.
Bevor ich am südlichen Ende eines der vier Kontinente landete, vergewisserte ich mich erst, dass dort einigermassen angenehme Temperaturen herrschten. Ich gab mich mit den 64,4 °C zufrieden und stellte die Klimaanlage meines Skaphanders auf «gemütlich».
Vier Regeln, die Sie bei Neuerkundungen von Planeten beachten sollten:
- Feind Nr. 1 bei Ersterkundungen ist die Langeweile. Wer glaubt, auf jedem Planeten würden die Abenteuer warten wie auf einen J. T. Kirk, der irrt sich gewaltig. Es ist meist so unglaublich langweilig, dass man sich einfach wieder in die kryogenische Kammern wünscht, um der Routine entkommen zu können, die so eine Ersterkundung mit sich bringt. Proben nehmen, Notizen machen, Dokumentieren und noch mehr Proben nehmen.
- Vergewissern Sie sich beim Probennehmen, dass es sich nicht um eine Lebensform handelt. Das kann sich unangenehm auf Ihre Rückreise auswirken!
- Ein Erstkontakt durch ansässige Lebensformen ist oft kaum als solcher zu erkennen, ich benötigte mehrere Tage, bis ich auf Gounthackrnd erkannte, dass meine Kopfschmerzen von der telepathischen Kontaktaufnahme durch die dort lebenden feuerwanzenähnlichen Käfer kamen. Halten Sie sich also bereit, auf jede ungewohnte Veränderung adäquat reagieren zu können.
- Pinkeln Sie nur im Raumschiff. Das Urinieren an vermeintliche Bäume kann Sie Ihr Leben kosten.
- Nehmen Sie nie etwas mit nach Hause!
Gerne würde ich jetzt behaupten, dass ich mich auskenne und immer den Durchblick habe. Tatsache ist, dass ich jeden Fehler mache, den man machen kann, und das meist sogar zweimal.
Zurück zu Kegel IV. Nach meinem kleinen Ausflug auf dieses öde Stück Fels, kann ich davon ein Lied singen das gut und gerne auch als sechsstündige Oper aufgeschrieben, einstudiert, uraufgeführt, verfilmt und nach Teil VI wieder in den staubigen Kellern der Filmgesellschaft verschwinden und vergessen werden könnte. Schuld war die eklatante Missachtung von Punkt 5.
Die «Pyrus Kyglozya Smy», also «Die von Smy auf Kyglozia gefundene Birne», so nannte ich stolz die Frucht, die ich eines Tages in einem von durch den stetigen Wind wie Steinpilze geformten, von Felsen, beschatteten kleinen Tal fand.
Natürlich nahm ich sie mit nach Hause.
Frisch aus dem Vakuumbeutel hielt ich sie stolz den Kolleginnen und Kollegen in der Abteilung für Flora und Fauna des Kantonsmuseum Luzern vor die Nase.
Nachdem ich ausführlich und unter Miteinbezug jedwelcher Übertreibung und Ausschmückung den Hergang der Entdeckung und die Gründe für die Missachtung von Regel 5 erläutert hatte, stellte ich das garstige Ding auf den Tisch und wir begutachteten es ausführlich.
Als das gefährlich aussehende Teil so auf der grauen Platte lag, robbte sich, ganz von alleine, ein USB-Kabel des Computers zu der Frucht hin, worauf bei der ein kleiner Schlitz aufging und sich das Kabel einstöpselte.
Noch bevor wir reagieren konnten, ging das Licht aus. Wie ich erfuhr, offenbar in ganz Beromünster. Zwei Minuten später ging es wieder an, der Computer fuhr hoch und machte piepsende und wimmernde Geräusche. Wir starrten auf den Bildschirm. Und warteten. Und warteten.
Da plötzlich erschien, wie das in SF-Filmen halt so ist, auf schwarzem Hintergrund in grünen Buchstaben «hi».
Was wollten wir tun? Jeder von uns in der Abteilung ist natürlich in extraterrestrischer Kommunikation geschult – was im Übrigen nicht mehr bedeutet, als dass der Austausch von Schnaps und Glasperlen und ein freundliches «How!» noch lange keine Kommunikation ist. Wir schauten uns also ratlos an und letztlich blieb mir nichts anderes, als «Hallo» zu schreiben.
Nach etwa drei Minuten Warten schrieb es auf dem Bildschirm: «Ein Rabbi, ein Cowboy und ein nacktes Krokodil kommen in eine Bar. Sagt der Cowboy zu dem Rabbi …» Nun, den Rest will ich euch ersparen. Die angestöpselte Frucht erzählt seither ununterbrochen Witze. Erdenwitze wohlgemerkt. Sie holt sie sich aus dem Internet und auch das Trennen des Computers von demselben beendete das absurde Treiben nicht.
Es wird wohl Jahre dauern, bis der Kegelbirne die Witze ausgehen. Bis dahin müssen wir einfach abwarten. Geduldig warten und hoffen, dass danach ein spannenderes Thema oder vielleicht sogar eine Unterhaltung folgt.
Kommunikation ist eine komplizierte Sache und scheitert meistens an den Missverständnissen, die sich automatisch ergeben, wenn zwei Lebensformen, welcher Art und Herkunft auch immer, sich begegnen.