Ab und zu brauch ich etwas meine Ruhe. Gestern stieg ich also in mein Raumschiff, und parkte damit im Orbit über dem Atlantik. Unter mir nichts als Blau und Weiss. Wunderbar.
Damit ich richtig entspannen konnte, sog ich meinen Skaphander an, und hängte mich an einer Sicherheitsleine an die Aussenhülle. Liess mich einfach in der Schwerelosigkeit treiben und genoss die Aussicht. Der Bordcomputer packte mir etwas Pink Floyd aufs Intercom («Cracy Diamond», «Dark Site of the Moon») und so sinierte ich etwas über die Welt nach.
Ist man da draussen, das wird jede Astronautin und jeder Astronaut bestätigen, sieht man die Welt anders. Sie ist ein kleiner blauer Ball im Nichts.
Dessen ungeachtet versuchen gerade wieder einmal ein paar Hornochsen, Diktatoren, geistig minderbemittelte Faschisten (und -Sozialisten), Wirtschafts- und Religions-Terroristen und anderes Volk die Macht an sich zu reissen und diesen blauen Planeten und alles was darauf ist, nach Lust und Laune zu knechten, auszubeuten, und umzubringen.
Butrofghjiksztropll
Das erinnert mich an einen Planeten den ich einmal besucht habe. Es war ein recht kleiner Planet und das Volk das ihn bewohnte hatte es satt sich länger von machtbesessenen Irren an der Nase herumführen zu lassen (was bei deren Nasen eine umso grössere Unverzeihlichkeit war).
So gab es irgendeinmal eine Revolte und der Diktator wurde gestürzt. Man richtete eine Art Demokratie ein. Nach den Jahrtausenden der Unterdrückung waren sie sich sowas aber noch nicht gewohnt und so misstrauten sie selbst den von ihnen selber gewählten Vertreterinnen und Vertretern. Da kam einer auf die findige Idee, dass man den PolitikerInnen ein Halsband anziehen könnte, das mit einer sehr leistungsstarken Batterie ausgestattet war. Würde eine oder einer von denen dann seine Macht missbrauchen, könnte man darüber abstimmen ob das Halsband aktiviert und seine Trägerin oder seinen Träger ins Jenseits schicken würde.
Ich habe mir das angesehen, aber nachdem das Volk in einer Sonnenrunde (ca. 484 Erdentage) an die zweihundert VolksvertreterInnen terminiert hatten, schritt ich ein.
Demokratie
«Liebes Volk von Butrofghjiksztropll. So könnt ihr nicht weitermachen. Kaum macht einer etwas was euch nicht gefällt bringt ihr in um. Wie lange könnte das gut gehen? Es ist nicht meine Absicht mich in eure Angelegenheiten einzumischen, aber seid ihr mit eurem system wirklich zufrieden?»
Das Volk studierte einige Zeit und kam dann zum Schluss dass es nicht zufrieden war und manche schämten sich sogar etwas, weil sie sich haben überreden lassen zu terminieren.
«Was schlägst du denn vor Smy, du hast ja viele Welten besucht, was wäre die bessere Lösung?»
«Wo ich herkomme haben wir eine direkte Demokratie in der alle erwachsenen Bürgerinnen und Bürger unseres Landes abstimmen und wählen können. Das ist nicht immer die beste Regierungsart, aber es ist eine gute. Wie aber auch immer ihr das gestaltet, wenn ihr den Vertreterinnen und Vertretern keine Zeit lasst ihre Ideen umzusetzen, dann wird das nie etwas.
Wenn ihr wählt und abstimmt, dann muss euch bewusst sein, dass es damit noch nicht gemacht ist. Ihr braucht Parteien mit verschiedenen Ansichten, damit Lösungen erarbeitet werden müssen, die ein Kompromiss aus der schlechtesten und der besten Lösung sind.»
«Und wieso sollen wir nicht die beste Lösung wollen?»
«Weil es keine beste Lösung für ein Volk gibt. Ihr alle habt eure Meinung, und nur wenn ihr euch auf Kompromisse einigen könnt, werden alle mehr oder weniger gleich unglücklich und mehr oder weniger gleich glücklich sein.»
«Das scheint und sehr kompliziert und unbefriedigend!» rief da das Volk.
«Das ist es verdammt nochmal auch, und genau so soll es sein. Wäre es einfach, wäre es kein Kompromiss und die eine oder andere Hälfte würde sich irgendeinmal gegen die andere erheben.»
Die Butrofghjiksztroplli studierten auch über das eine lange Zeit nach und entschieden sich dann letztlich es zu probieren. Ein neues System wurde eingeführt und Walen und Abstimmungen abgehalten. Schiedsgerichte und Vermittlungs-Leute eingesetzt um Streitereien nicht ausufern zu lassen.
Voller Freude die gute alte schweizerische Demokratie für einen guten Zweck exportiert zu haben verabschiedete ich mich.
Das Ende
Einige Jahre später kam ich wieder an Butrofghjiksztropll vorbei und landete dort um zu sehen wie es dem Planeten inzwischen ging.
Zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass sie sich alle gegenseitig umgebracht hatten.
Ich konnte nicht herausfinden weshalb die Demokratie bei ihnen nicht funktioniert hatte aber aus dem was ich in den Ruinen in Zeitungen las, konnte ich erahnen, dass die jahrtausendealten Routinen einfach nicht so schnell überwunden werden konnten. Das Misstrauen, die Machtbesessenheit, der Egoismus der Einzelnen, all das sass so tief, dass das demokratische System scheiterte und die Prozesse des Zerfalls sogar beschleunigten.
Mich bedrückte das sehr und ich stellte ein Denkmal hin worauf stand «Dieses Volk scheiterte an seiner Geschichte!»
Als ich nun so im Weltraum hing und «Brain Demage» über das Intercom lief, dachte ich daran wie viele Länder da unten waren die keine echte Demokratie kannten, oder diese erst vor wenigen Jahren oder Jahrzehnten eingeführt hatten. Es würde noch eine lange Zeit dauern, bis es auf der Erde keine Diktatoren wie Erdogan, Orban, Putin, Kim Jong-un’s, Assad und ein Dutzend anderer mehr geben würde. Und ich dachte auch an Dummköpfe wie Boris Johnson oder Donald Trump die letztlich schlimm waren, aber immerhin, wenn auch von einem seltsamen, aber immerhin politisch legitimierten Volk gewählt waren.
Dann schüttelte ich all diese Gedanken ab, wies den Brorcomputer an die Musik zu wechseln und genoss noch etwas Georg Kreisler, eh ich wieder an Bord ging und den Heimflug antrat.