Männer – was wurde nicht alles schon gesagt, geschrieben und gesungen. Meinereiner hielt sich bisher vornehmlich raus, weil eigentlich Manns genug zu schweigen, wenn es zu schweigen gilt. Ich blicke, wie echte Männer das so tun, düster ins Feuer und rauche meine Marlboro, kraule die Katze und schicke der liebsten ein Blümchen- und Herzchen-Emoji und teile mit, dass es später wird.
Aber nun zur Sache, Männer! Ihr Pfeiffen und Hosenscheisser, die ihr euch tatsächlich in Männergruppen zusammenrotten müsst, den Oberkörper entblösst, Brust und Visage mit Farbe bekleckert, brüllend, und grunzend, und darüber jammernd und heulend, dass ihr nicht mehr wisst wer und was ihr als Mann seid? Dass es nun genug sei mit dem ganzen Geschrei um die Frau und die endlich mit der Männerdiskriminierung aufhören sollen?
Am Mittwoch schämte ich mich bei einer «Rundschu»-Doku über Männer-Gruppen derart fremd, dass ich ein Visum brauchte.
Was für unglaubliche Luschen! Was für Hosenscheisserchen und Knuddelbubis sind das, die eins zu eins sagen, dass Frauen ihnen den Job wegnehmen? Das sie sich in dieser Frauendominierten Gesellschaft wieder wie Männer fühlen wollen? Dass Frauen Männer mit in Coacing-trainierten Sätzen agressiv wegputzen, statt einfach mit ihnen, den Männern, zu sprechen?
Wie sprechen? «liebes Schatzilein, darf ich dir noch ein bisschen die Füsse und Seele massieren? Dann können wir darüber sprechen weshalb du dich so unzufrieden fühlst, im Leben. Ist es weil du nur Architektur studiert hast, oder weil deine neue Chefin nicht nur sexy aussieht sondern auch ein Master in Ingenieurswissenschaften hat? Das ist doch nicht so schlimm mein Vögelchen. Und dass du nur einen Bachelor und ich einen Master habe spielt nun wirklich keine Rolle. Und dass ich auch sexy bin und deine Chefin doch auch nicht oder? Du hast ja immer noch deinen SUV und die Männergruppe!»
Statt herumzujammern wie Bauern in der Vorhölle des Nationalratssaals, sollten sich diese Männchen-Surrogate doch einfach überlegen weshalb es ihnen so schwerfällt andere Menschen gleichberechtigt zu behandeln. Offensichtlich löst das ja bei einigen von denen schreckliche Selbstzweifel aus.
Nun aber halt mal! Wir müssen uns natürlich und fairerweise auch die Frage stellen, ob man mit denen so schrecklich hart ins Gericht gehen muss. Sind nicht vielleicht doch die Frauen schuld? Ganz sicher! Sie waren es ja die sich plötzlich den Naturgesetzen und Gottes Willen widersprachen und nicht nur eine eigene Meinung haben wollten, sondern diese auch öffentlich vertreten wollten! Und was für Meinungen das waren! Gleichberechtigung und solcher Schmonz! Gleicher Lohn auch noch und gar das Stimm- und Wahlrecht! Zuletzt durfte man ihnen nicht einmal mehr an ihre Busen und Hintern mehr greifen. Auch der eheliche Beischlaf gegen den Willen der Hausfrau sollte plötzlich nicht mehr in Ordnung sein.
(Ich frag mich grade was ein Saudi-Arabischer Mann denkt, wenn er eine Frau am Steuer eines Autos sieht. «Wo ist die nächste Männergruppe?», «Wo ist mein Penis?», oder «Wo ist mein Parkplatz?».)
Nun Ja, soviel steht fest: Frauen sind nicht Schuld an der luschigen zwergmannigkeit dieser Männergrüpler auf Identitätssuche (oder, und das ist wahrscheinlicher, auf der Suche nach Argumenten wie man sich auch weiter arschlöchlig aufführen kann).
Schuld sind ganz klar die Schwulen und Lesben! Waren es nicht die Schwulen in knappem schwarzem Leder die gleichzeitig männlich und zärtlich sein konnten und uns in televisionärer Filmhaftigkeit vor Augen führten, dass das tatsächlich geht und nicht nur das: Es den Frauen zeigte! Und nachdem diese zu allem Schaden auch noch Lesben sahen und sich die Alternative vorstellten zwischen einem Leben mit einer Frau und einem Leben mit einem Affen zu Hause, da war ja klar, dass diese schwachen Gemüter schnippisch werden mussten. Der echte Mann geriet dabei mächtig unter die Räder und musste sehen wo er bleibt. Ja es ist ganz klar, und jetzt kriegen diese Schwulen und Lesben die Quittung für ihre Anmassung.
Ja ja, so denkt wohl der eine oder andere diese Präsapienten, und auch sie haben unrecht.
Die wirkliche und alleinige Schuld tragen Männer, Verräter jawohl!, die doch tatsächlich einfach Menschen sind die mit anderen Menschen zusammenleben.
Denn in der Tat haben die bemerkt, dass es doch wirklich ganz wunderbar möglich ist auch Menschen, und nicht ”nur” mit Frauen zu bumsen. Ich bin sicher, dass war letztlich ausschlaggebend aber Trotzdem! Und jetzt sind sie da diese Gutmenschen. Seite an Seite mit irgendwelchen Frauen an Demos, und tragen den Weibern das Handtäschchen hinterher, damit diese das Transparent halten können. Oh es ist eine Schande! Die wollen sogar Frauen am Arbeitsplatz, applaudieren lautstark wenn eine befördert wird!
Und der echte Mann? Der Mann der Wildheit in sich spürt? Das Tier in sich und eigentlich stolz darauf sein möchte, dass er in der Evolution noch auf dem geistigen Niveau eines Homo Erectus steht?
Nichts ist mit diesem Mann, denn es gibt ihn nicht. Der wirklich echte Mann blickt wie das sein soll, düster ins Feuer, qualmt seine Marlboro, streichelt das Kätchen und schickt der Liebsten ein Blümchen und Herzchen Emoji und teilt mit, dass es später wird.
©Simon Meyer, 2021