Hammer

Noch keine sieben Jahre war ich alt und schlich eines Tages nach der Schule in die Werkstatt meines Vaters. An der mächtigen hölzernen Hobelbank zog ich unter Aufbietung all meiner Kräfte die schwere Schublade auf und lugte hinein. Sie war staubig und die darin liegenden Hämmer schienen sich in ihrem Bett aus Staub und Hobelspänen wohlzufühlen. Ein farbiger Streifen, angemalt von meinem Vater, auf dass auf der Baustelle niemand seinen Hammer klaut, zierten die Stiele der Werkzeuge. Ich hob einen der Hämmer heraus, nahm mir aus der alten Apfelkiste neben dem Werkbank, in der das Brennholz lag, ein Stück Holz, suchte in den Talaren und Regalen nach einem Nagel, und legte mir beides auf der Werkbank zurecht.

Dann holte ich eine Schraubzwinge und befestigte das Holz auf dem Werkbank, klemmte mir dabei einen Finger ein, der dabei ein hübsches blauviolettes Hämatom ausbildete. Ich weinte nicht. Handwerker weinen nicht. Handwerker sind Männer. Dachte ich jedenfalls damals und drückte eine Träne weg.

Dann nahm ich eines der dicken Bretterstücke, das an der Wand stand, und legte es vor die Werkbank, damit ich überhaupt daran arbeiten konnte.

Der Hammer wartete. Daneben der Nagel. Beide warteten und ich war verunsichert. Es war mein erstes Mal. Ich hatte oft gesehen, wie mein Vater das machte, doch selber hatte ich es noch nie getan. Zwischen Zeigefinger und Daumen der linken Hand nahm ich also den Nagel und setzte seine Spitze in die Mitte des Holzstückes. Den Stiel des Hammers nahm ich in die rechte und hob den Hammer über den Nagel. Zielte. Atmete. Zielte noch einmal. Hob den Hammer höher und schlug zu.

Mein Daumen hat sich von dem Schlag erholt, die Farben verblassten und der Schmerz liess nach.

Die Hobelbank hat sich nicht erholt. Ich hatte nämlich trotz des ersten Schlages auf den Daumen und trotz der Schmerzen und Tränen weitergemacht. Hatte den Nagel bis zum Anschlag in das Holz getrieben. Da ich jedoch einen Sechziger-Nagel in ein gerade einmal zweieinhalb Zentimeter dickes Stück Holz geschlagen hatte, wurde das Holzstück natürlich an den Hobelbank genagelt und blieb auch dort, denn all meine Bemühungen, es wegzureissen, blieben erfolglos. Erfolglos waren auch die Worte meines Vaters, der, als er das Malheur sah, mit mir schimpfte. Schimpfen nütze noch nie etwas bei mir. Ich kann heute, mehr als vierzig Jahre und Abertausende Nägel später, noch keinen Nagel einschlagen, ohne Angst zu haben, mir wieder auf den Daumen zu hauen. Und ich habe in der Vergangenheit noch so manches Stück Holz auf Werkbänke genagelt, geschraubt oder geleimt. Ich bin ein Tollpatsch geblieben, aber auch ein zäher Hund, der nicht aufgibt. Also nagle ich weiter, schraube weiter und denke manchmal über die staubige, mit Hobelspänen übersäte Werkstatt meines Vaters nach, an die Schublade mit den Hämmern, rieche das Holz, das Harz und die Lackfarben, und den unbekümmerten Entdeckergeist meiner Kindheit.