Informationsaustausch

Manchmal geschehen seltsame Dinge. Da flieg ich grad so mit meinem kleinen Raumgleiter in der Nähe von M7797421 vorbei, da kommt ein Raumschiff auf mich zu. Wie es das Raumfahrtgesetz in diesem Quadranten vorsah, hatte ich Kurs und Geschwindigkeit anzupassen, wenn ich Kontakt haben wollte. Das tat ich so und als ich längsseits lag, sah ich mir das Teil genauer an.

Es war ein wirklich mächtiger grosser Brocken, sicher einige Kilometer lang, und über und über mit Kuppeln, Plattformen und Zeug überwuchert, das ich nicht einordnen konnte.
Mein Computer aktivierte das Kommunikationssystem und ich funkte sie an.
«Hallo, ich bin SMY, Kapitän der «Cognity», wir sind ein Forschungsschiff und am Austausch von Informationen interessiert.»
«Wozu?»

Ich war überrascht. Fragt der mich, wozu Informationsaustausch gut sein soll. Hätte er gesagt, Informationsaustausch könnte uns gefährden, dann hätte ich dem zugestimmt. Wer etwas über sich preisgibt, der läuft auch Gefahr, dass es irgendwann gegen ihn verwendet wird. Aber es gibt noch viele andere Informationen, und über die zu sprechen ergibt meiner Meinung nach immer Sinn.
Also gab ich zur Antwort: «In dem Mass der Gewissheit wer man ist, wird das Vermögen zu sein vermehrt.»
«Wir wissen, wer wir sind.»
«Wer seid ihr?»
«Wir sind die Hnigs.»
«Ich grüsse euch, Hnigs! Also wisst ihr alles über euch und euren Platz in diesem Universum?»
«Wir haben Sensoren.»
Immerhin, einige Informationen hatte ich schon, aber damit wollte ich mich nicht zufriedengeben. Sensoren. Natürlich hatten sie Sensoren. Ohne wären sie nicht gerade weit gekommen. Ich interpretierte die Antwort so, dass ihnen die Informationen, die sie von den Sensoren bekamen, genügten, um ihren Flug fortsetzen zu können, sie aber an weiteren Informationen nicht interessiert waren.
«Interessieren euch nicht Informationen über andere Spezies, mit denen ihr Handel treiben könntet oder die für euch vielleicht gefährlich sind?
«Nein.»
«Aber ihr müsst doch irgendwoher Informationen beziehen!»
«Nein.»
Und nach einer kleinen Pause: «Wir machen uns unsere eigenen Informationen.»
Heiliger Bimbam!
«Wie meinst du das? Ihr erfindet euch einfach euer eigenes Universum?»
«Wir haben Sensoren.»
«Die liefern aber nicht alle Informationen.»
«Wir machen uns unsere eigenen Informationen.»
«Jeder für sich oder jemand für viele?»
«Jeder für viele.»
Das war höchst interessant und auch ein wenig verwirrend. Also teilte jeder allen anderen seine Sicht des Universums mit.
«Wird jede Information von jedem für alle als Wahrheit betrachtet?»
«Ein Wort ist nicht übersetzt worden», meldete der Computer, und ich konnte mir vorstellen, welches. Ich wiederholte den Satz.
«Wird jede Information von einem für alle als Möglichkeit des Seins erachtet?»
«Ja.»
«Und wenn sie mit anderen Informationen kollidiert, ist das kein Problem?»
«Nein.»
«Verstehe ich richtig, zwei sich widersprechende Informationen können gleichberechtigt nebeneinander existieren?»
«Ja.»
Ich hatte genug gehört, da er offensichtlich weder Handel noch Austausch wollte, bedankte ich mich und machte, dass ich weiterkam. Offensichtlich war es bei denen auch nicht anders als bei uns auf der Erde.

 

 

 

©Simon Meyer, 2020