Heute fotografierte ich an der «Mahnwache für demokratische Grundrechte» auf dem Bahnhofplatz in Luzern. Es waren etwa hundertzehn Leute da. Und zeitweise bis sechzehn Leute von der Kantons- und SBB-Polizei. «Unerlaubte Ansammlung», nannten sie das Ganze. Die hätten mal im Bus von Beromünster nach Luzern sein sollen, denn das war eine Ansammlung! Dicht auf dicht sassen und standen die Leute im Bus.
Und dann macht unser Bundesrat ein solches Gewese wegen einhundert Leuten? Verboten sei das. Notrecht. Jawohl, Herr General! Ich komm einfach aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus und habe mich daher entschlossen, mich ab sofort ganz und gar dem Schwejkismus zuzuwenden.
Ich habe mich hingesetzt und die Strategeme des braven Soldaten Schwejk zusammengefasst und mache sie mir nun ganz zu eigen.
Die zehn Strategeme der Schwejkisten
Fünf Strategeme für Feindkontakt (Der Feind ist, wer dich deiner Rechte, deiner Freiheit, deines Lebensmutes, deiner Hoffnung, deiner Liebe, deiner Ehrlichkeit oder deiner Offenheit für andere berauben will. Es sind die Beamten, die dich das eine zu tun zwingen, obwohl sie wissen, dass es Unfug ist. Es sind die PolitikerInnen, die meinen, Demokratie sei, wenn man sich dem gefühlten Wunsch des Volkes beugt.)
Das Ameise-Strategem:
Die Ameise ist klein und fleissig. Mache den Anschein, fleissig zu sein. Falle nicht auf und sei ein Teil der Masse. Schlage zu, wenn der Feind beim Picknick sitzt.
Das Zustimmer-Strategem:
Die Kunst ist es, zuzustimmen und dabei Nein zu sagen. Lerne das Strategem und es wird dir immer von Nutzen sein.
Das Schussel-Strategem:
Stelle dich dumm und ungeschickt an. Wer dich ernst nimmt, wird dich misstrauisch beobachten. Der Dumme aber bleibt unbehelligt. Halte dich zurück, bis du endgültig zuschlägst.
Das Tausend-Freunde-Strategem:
Wer viele Freunde hat, ist kaum zu besiegen. Sei gut zu denen, die es verdienen. Hilf, wenn du helfen kannst. Du wirst es nicht bereuen.
Das Tarn-Strategem:
Passe dich deinem Umfeld an und werde eins mit ihm, ohne Teil von ihm zu werden. Die Arroganz des Menschen verleitet ihn, das zu sehen, was er sehen will. Lass ihn das sehen und bleibe du selbst.
Fünf Strategeme, um den Verstand zu behalten (Das ist wichtig, weil sonst das alles keinen Spass mehr macht.)
Das Kuhblick-Strategem
Wie die Kuh darfst du den Blick nicht zu eng nehmen. Käue und sei gemütlich, dann bleibst du gesund!
Das Floh-Strategem
Klein ist der Floh und zwickt doch so stark. Sei wie ein Floh und zwicke und zwacke die, die dir Übles tun, wo du kannst. Das Gespräch beim Amt darf nicht unter einer Stunde dauern. Zeit, die du geniessen musst, weil es ein Spass ist, zu zwacken!
Das Falscher-Zug-Strategem
Du sitzt im falschen Zug und freundest dich mit Fremden an. Genauso ist das Leben. Stelle dir vor, du sitzt im falschen Zug und musst noch bis Wien mit ihnen reisen. Mach eine Party draus!
Das Kopfschüttel-Strategem
Viel zu viel verstehen wir nicht, denn es ist nicht möglich, es zu verstehen. Uns fehlt die Zeit und die richtige Information. Gräme dich nicht. Schüttle den Kopf und sag: «Ich versteh das nicht!» Du wirst sehen, gleich geht es dir besser und das Wissen zu erlangen wird leichter.
Das Schwejk-Strategem
Ein Soldat zu sein, dem alle auf dem Kopf rumtrampeln, der von jedem Offizier und Beamten gepiesackt wird, ist nicht leicht. Man darf traurig sein. Man darf zornig sein. Man darf gar einmal verzweifelt sein. Niemand erzählt die Wahrheit (weil es die nicht gibt), niemand wird dir erklären (weil alles zu kompliziert ist). Was du zu hören bekommst, sind Schatten von Wahrheit und Fetzen von Wissen.
Das Schwejk-Strategem ist schwer auszuführen, weil es von dir verlangt, deine heitere Gelassenheit zu bewahren. Sie ist der Schlüssel zu allem! Sie ist dein Schwert und deine Kanone, deine Infanterie und die Fliegerstaffel, sie ist die Friedenstaube und das Diplomatekorps, dein Schnaps und deine Notration. Sie hilft dir, ehrlich und frech und unantastbar zu sein. Lerne die heitere Gelassenheit, wenn es sein muss am Anfang mit einem Achterl Veltliner in der Hand, aber lerne sie!
Die Mitgliedschaft bei den Schwejkisten ist freilich kostenlos und wir wollen auch gar nicht wissen, wer dabei ist. Vorbeter werden keine geduldet und wer ohne Wein kommt, dem schütteln wir nachts Flöhe ins Bett!
Die Schwejkisten grüssen Jaroslav Hasek! Hip, hip, hurra! Hip, hip, hurra! Hip, hip, hurra!